Samstag, 19. August 2006

Spuren und Wege

Spuren führen von einem unerklärlichen Ursprung irgend wohin.
Ob dort ein Ziel sei, hängt davon ab, was, wer der Spur gefolgt ist, damit anzufangen weiss.
Vielleicht ist er der Spur in der falschen Richtung gefolgt. Vielleicht hat er die Spur für einen Weg gehalten.
Wege sind teils Spuren, denen gewohnheitsmässig gefolgt wird, die schliesslich ausgebaut, gesichert, begradigt werden, teils sind sie Querverbindungen
zwischen solchen einst vorgepurten Wegen.
Wege führen letztlich von irgendwie und - wo 'oben' nach irgendwie und -wo 'unten' und umgekehrt.
Sie verbinden unterschiedlich Begehrtes, Gewertetes oder Taugliches. Zwischen absolut in jeder kleinsten Hinsicht ausser der Koordinaten Gleichem
zu verkehren besteht kein Anlass und macht keinen Sinn, bedarf es also auch keines Weges.
Ihrer geometrisch abstrakten Definition gemäss haben Wege zwei absolute Enden, von denen aus es kein Weitergehen im Sinne der Definition, also
in der Weise, wie der dahin führende bzw. von dort ausgehende Weg es ermöglicht, mehr gibt.
Beide Enden sind die Enden ein und desselben Weges, der dieselben Ziele in jedem Augenblick in gleicher aber nicht zwingend in fortgesetzt
gleichförmiger Weise miteinander verbindet, ob man ihn nun in der einen oder andern Richtung gegangen ist oder noch geht.

Der 'spirituelle' Weg
Bei der beliebten und entsprechend häufig verwendeten bildlichen Übertragung des Weges auf das spirituelle Leben ist es willkürlich und propagandistisch, das 'obere Ende' höher (Himmel) zu werten als das 'untere' (Hölle). An beiden Enden geht der Weg in gleichem Masse nicht mehr weiter und es bleiben dem dort Angelangten nur entweder die 'Umkehr', das Verlassen des Weges bzw. das Abkommen vom Wege oder das Bleiben.
An beiden Enden ist der Angelangte vor die qualitativ selbe 'triviale' (dreiwegige) Entscheidung gestellt, für die keine der im Alltag gebräuchlichen, empfohlenen und bewährten Massgaben und Haltungen mehr taugen. Schon dass es kein bipolares, zweckbindendes Entweder - Oder, sondern drei gleichermassen nach der Gewohnheit des Zweckdienlichen 'unsinnige' Entscheidungen gibt, gibt eine Ahnung davon, wie anders die Enden jeder Wegsamkeit sind als Alles sie verbindende Begeh- und Gangbare, zweckdienlicher Mobilität Dienliche.

Während es auf dem Weg um 'Vorankommen' geht, geht es an dessen äussersten Enden um Wandlung
Während es auf der Verbindung zwischen den äussersten Enden um ein 'Vorankommen' in einer bestimmten Richtung geht, ist an den extremen Enden jedes Weges völlig Anderes gefordert und entsprechend 'Wert' bestimmend, falls 'ein Relation zwischen Erfordernis und Wert überhaupt noch wirkt.
Wer - bildlich gesprochen - erst dort angelangt die unterwegs gefragten Währungen noch umtauschen will, wird für die mitgebrachten u.U. nichts oder nur wenig erhalten, denn die, die umkehren wollen, haben selbst und meinen, dessen für ihren Weg zurück zu bedürfen, was der unvorbereitete Ankömmling zu bieten hat, verfügen aber nicht, wonach er begehrt, und die, die für das Bleiben gerüstet sind, haben keinerlei Gehör für sein Angebot.
An den äusserten Enden eines Weges gibt es keine Märkte. Dem entspricht, dass das letzte Hemd keine Taschen habe, wenn auch dieser volkstümliche Spruch damit eher auf Diesseitiges anspielt. Das letzte Hemd hat nicht nur keine Taschen, es braucht keine - Es bräuchte gar nicht einmal das Hemd.
Diese Trivialität der absolut äussersten Enden aller Wege kann man auch als eine Erscheinungsform von Dreieinigkeit auffassen - n.b. als Erscheinungsform davon, nicht schon als die Dreieinigkeit selbst (das wäre schwärmerisch oder frömmlerisch und könnte zu irrigen Entscheidungen führen).
In dieser Erscheinungsform spiegelt sich der am äussersten Ende des Weges Angelangte in den drei Möglichkeiten zur Wahl, die er seiner Angewöhnung auf dem Weg gemäss wahrzunehmen meint, die aber eigentlich nur zwei voneinander grundverschiedene sind.
Nach lebens(weg)gewohnter Anschauung kann man die gespiegelten Grundhaltungen in folgende drei Kategorieen aufgliedern : eine pragmatische, vermeintlich kontrolliert bzw. kontrollierbar aktivistische (Umkehr), eine risikobereit, rebellisch aktive (Ab vom Weg) und schliesslich eine gelassen Hinnehmende (Verweilen). Aus grösserer Distanz gesehen fallen aber die beiden aktivistischen Varianten in eine zusammen, bei der es unbedingt um Fortsetzung von Gangbarkeit zu einem Ziel, um 'Vorwärtskommen' und um die Verweigerung der Einsicht, dass ein erreichtes Ziel keinen Sinn mehr gibt und dass eben 'Sinn' immer nur durch Vorgabe bzw. Vorspiegelung bewirkter Antrieb für ein Streben ist, nicht Hinweis auf Wesentliches und Wirkliches allen Daseins.
'Sinn' zeigt, aus kritischer Distanz von der Grenze zur Transzendenz her gesehen, nur an, in welcher Hinsicht Alles ihm gemäss Ausgerichtete zur Erfahrung der Ver-gänglichkeit, der Ver-gehbarkeit unausweichlich gelangen und sich vor dieser bedingungslos zum Absurden rechnen lassen müssen wird.
Sowohl der pragmatisch Umkehrende als auch der rebellisch von Weg ab Gehende stellen sich vor, das 'gesetzte' bzw. 'richtige' Ziel verfehlt und immer noch vor sich zu haben bzw. suchen zu müssen, zu dem sie in bisheriger Weise, also den erworbenen Einbildungen und Gewohnheiten gehorchend, hinstreben. Sie verweigern die Einsicht, dass Ziele immer irgendwo anders liegen als dort, wo der Weg hinführt, der ihnen einst direkt dazu zu führen schien, als sie ihn betraten und ihm zu folgen sich entschieden haben. Sie verweigern sich der Einsicht, dass Ziele regenbogengleich tanzende Scheinwesen sind. Sie beharren auf ihrem Anspruch, den 'rechten' bzw. 'richtigen' Weg gegangen zu sein und fordern die ihnen einmal dafür verheissene Belohnung, den Einlass nämlich in's Paradies, wie ein empörter Tourist am angegebenen Ziel seinen Voucher wedelt, der ihm Anspruch auf ein Hotelzimmer 1. Klasse verbrieft, an einem Ort, wo solche Voucher nicht gelesen und verstanden werden, weil es dort keine Hotels gibt.
Die Wirklichkeit aller Zielsetzung besteht einzig im durch sie ausgelösten Streben nach dem letztlich Unerreichbaren. Die Umkehrenden und die vom Weg sich Abwendenden halten daran fest, dass das Wirkliche auch das Wesentliche sei.

Zum Wesentlichen hin bedarf es gar keines Weges.
Das Wesentliche ist allgegenwärtig. Man muss es nur wahrnehmen und zulassen wo immer man ist und wie immer es ist, wo man gerade ist. Das hat mit 'Laissez Aller, Laissez Faire' nur sehr oberflächlich und vordergründig etwas zu tun. Es erfordert eine Aufgewecktheit, Entscheidungsfähigkeit und Entschlusskraft, die den Routinen moderner Zivilisation und Bequemlichkeitsstrukturen zuwiderlaufen, während das 'Laissez Faire' eine Folge der Betäubung, Resignation, Trägheit und Dumpfheit ist.
Das Wesentliche ist aber die Kraft, Erscheinung, Wahrnehmung und Sehnsucht bzw. Streben des Wahrnehmenden zur Erscheinung hin oder davon weg zu erzeugen. (Auch dies eine Studie zu einem möglichen Bild von Dreieinigkeit - ein Bild n.b.!).
Letztlich liegt alles Wesentliche im Akt der Verführung begründet. Das Universum ist ein gigantischer Akt der Verführung zu einen Streben an eine Grenze, jenseits derer es so wie bis da hin nicht mehr weiter gehen kann (Evolution).
An dieser Grenze hört das Konkrete auf und beginnt die Realität - die etwas ganz Anderes ist als die vom Verführten, Getriebenen und Strebenden methodisch wahrgenommene und ausgenützte 'Wirklichkeit', die er mit Vorstellungen von Zweck und Effizienz unzertrennlich verknüpft wissen und haben will.
Die Realität ist das schöpferische Potential, das bei Verlassen alles Wirklichen und durch dieses bedingten und bezweckten Konkreten erregt und glücklichenfalls quasi gezündet wird (big bang!), um neue Sinnlosigkeiten zu erschliessen, neuen Unsinn zu stiften, neuen Unfug zu ermöglichen, wenn man es von der humoristischen Seite zu betrachten wagt.
Das Schöpferische ist essentiell nicht vernünftig, weil es sich ja gerade allem Zweckhaften entwindet, wie eine Katze, die nicht gestreichelt werden will, nur weil man jetzt gerade Zeit und Lust dazu hat, sie quasi zum 'Lustobjekt', m.a.W. zur Einrichtung für ein von unerkannten, unklaren Motiven provoziertes Streben macht (Beten).

Das 'Verweilen am äussersten Ende des Weges'
Das Verweilen am Ende des Wegs bzw. an der Grenze zwischen Konkretem und Realem erscheint äusserlich 'passiv' im Vergleich zum pragmatisch aktivistischen Umkehren (weil s'ja nicht weiter geht aber vermeintlich weiter gehen muss) und vom rebellischen vom Weg ab Gehen (weil der ja doch weder an's Ziel noch sonst wohin führt). Es vereinigt und verdichtet indessen völlig unspektakulär und undramatisch die Essenz der an sich richtigen Feststellungen des pragmatischen Umkehrers und des über die Enttäuschung seiner Spekulation bzw. Erwartung Empörten Abweichlers zur Einsicht, dass wo Bedingtheit aufhört, zwar Da-Sein und Bewusstsein lebens(weg)gewohnter Art enden, universelles Sein aber erst beginnt. An Stelle der Resignation (Umkehr) und des Zornes (Abweg) fordert es einen existentiellen Mut zur Transzendenz, zur Grenzüberschreitung, der dem Mut (nicht der Raserei oder der Verzweiflung) ähnelt, sich in einen Abgrund fallen zu lassen (nicht, sich darein zu stürzen), wissend, dass das Ergebnis bzw. das Ende des Falls für den Verstand ungewiss und für die Vernunft unerträglich bleiben, die schon mit Beginn des Falles vergeblich urteilen und berechnen und zum Müssigbleiben ver-ur-teilt' sind.
Der vom Weg ab Weichende wird (immer nur bildlich verstanden) mit einiger Wahrscheinlichkeit statt an ein von ihm trotzig abgelehntes absolutes Ende in eine subjektive Ausweglosigkeit geraten, der zweckhörige Umkehrer wird nicht den Weg zurück finden, den er gekommen, weil die Zeit entlang des Weges, den er gekommen, verstrichen und die nun diesen säumende anders gemessen wird, wodurch die von ihm mitgeführten Währungen inzwischen an Wert verloren haben oder gar ausser Kraft gesetzt sind. Er wird all' dem, dem er sich am äusserten Ende des Wegs nicht stellen wollte, begegnen, in dem Masse und in der Qualität, die er diesem von ihm Verschmähten und gering Geschätzten (weil z.B. keinen Tausch- bzw. Kompensationswert habend) nach seinem Urteil zuschrieb.

Das Wesentliche ist allgegenwärtig und bedarf keiner Wege.
Es ist jeder Vernunft und Zweckbindung enthoben.
Nur der zu Sehnsucht oder Streben Verführte begibt sich auf einen Weg,
Wesentliches zu erkennen und zu schauen.
Der Lebendige tanzt ungeachtet jeden Grundes und Standes,
ohne Sehnsucht und Streben nach Sinn.

Das hier so Gesagte mag zur Illustration des hermetischen Satzes 'Wie oben so unten' - und mittelbar von 'Himmel' und 'Hölle' und des Verweilens darin - taugen. Es liest sich oder hört sich an wie ein etwas sonderbares Märchen. Mehr will und kann es auch nicht sein.
Keine Ähnlichkeit mit dem Administrator

Ultra Fines Officiorum - Ausser Rand und Band

Nashaupt's 'Programm'

Die Unparteilichkeit der Logik ist nicht die einzige aber die unab- dingbarste Gewähr für die Freiheit des Denkens. ---------------------------------------------------------------------- Niemand hat Anspruch darauf, die Prämissen (Vorbedingungen) des Denkens für Andere zu bestimmen. ---------------------------------------------------------------------- Beim Streit um Prämis- sen geht es zweifellos immer und ausschliess- lich um Macht, nie um Einsicht ---------------------------------------------------------------------- Einzelheiten siehe im Beitrag NASHAUPT'S PROGRAMM 'auf dieser seite https://nashaupt.twoday.net/ index : stories/1234793/

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