Freitag, 1. September 2006

Geld und Geist - a gogo - und a gaga

Mit beinah der Regelmässigkeit eines Festtagskalenders werden Vertretern der Wirtschaft von den Medien auf den jeweiligen Exponenten zugeschnittene Plattformen zur Verfügung gestellt, von denen aus diese einem interessierten oder auch nur neugierigen oder staunenden Publikum unter veschiedensten Vorwänden ihre 'Axiome der Wirtschaft' verkünden dürfen.
In jüngerer Zeit häufen sich die Bemühungen sowohl der Medien als auch der auftretenden Exponenten, in gewagten Kapriolen circensisch anmutender Art, Ethik, Moral und gar Transzendenz mit dem unison dogmatischen Beharren auf den behaupteten 'Axiomen der Wirtschaft' zu verstricken, zu vermengen bzw. angebliche Ergebnisse geisteswissenschaftlicher '... Studien in die Praxis (sc. der Wirtschaft) umzusetzen und Ethik und Marktwirtschaft miteinander zu verbinden'. (Zitat aus dem Programmtext von Radio DRS2 zur Kontextsendung vom 01. September 2006.)

Die aktuellste Darbietung einer solchen mentalen Zirkusnummer ist das Interview mit dem Sommergast Rudolph Wehrli in der eben zitierten Kontextausgabe vom 01. September 2006, wo dieser von den Programmachern dem Publikum als 'Agnostiker, Theologe, Philosoph und Manager' feilgehalten wird. Im Verlauf des Interviews stellt sich aber heraus, dass dieser Sommervogel - pardon - Sommergast vor allem Manager ist und sich lediglich Kenntnisse und Umgang mit theologischen und philosophischen Begriffen, Kriterienbestimmungen, Methoden, Argumentationsmustern und Folgerungssätzen und mit daraus zusammengefügten Denk- und Wertungssystemen angeeignet hat und diese offensichtlich auch meisterlich auswendig kennt und benutzt.
Wehrli ist keineswegs der einzige und erste Theologe, der in Finanz- und Wirtschaftskreisen Karriere macht und seinen akademischen Werdegang quasi zum moralischen und ethischen Gütesiegel für seine Behauptungen, Entscheidungen und Bekenntnisse zu den 'Axiomen der Wirtschaft' ummünzt. Die Affinität vieler Theologen zu meritokratischen, auf angeblichen Axiomen gründenden Ideologieen kann nicht zufällig sein. Was vom säkular wissenschaftsförmig mit autoritärem Wissensanspruch Argumentierenden das angebliche Axiom ist für den gottesfurchtförmig mit nicht minder autoritärem Wahrheitsanspruch Argumentierenden die Unfehlbarkeit des angeblichen Stifters seiner Religion und der gegenwärtigen Platzhalter dieser historisierten Stifterperson. Tatsächlich geht es um wesensmässig ein und Dasselbe, ob man nun durch entsprechendes 'Wohlverhalten' bzw. 'Leisten' (sich - den Axiomen - Anpassen und den 'Spielregeln', wie Wehrli das nennt, Fügen) einen bevorzugten Platz im Himmel oder in einer Selektions-, Macht- und Privilegienstruktur oder in einer Rotte oder Herde, die demselben Meritenkult huldigt, anstrebt.
Lediglich die Gegenständlichkeit des Angestrebten ist im einen Fall etwas 'luftiger', im andern etwas 'bodenständiger' und 'bodenhaftiger', in beiden Fällen aber eben doch als eine Art Garantie für angenehme Bedingungen für ein im Diesseitigen verhafteten und verhaftet bleibenden, leicht rechthaberischen Bewusstsein.
Man darf sich fragen, wozu eigentlich sog. 'Geisteswissenschaften' von anderen unterschieden werden, wenn sie dann schliesslich doch einigermassen
willkürlich und selbstgefällig in den Dienst ein und derselben selbstherrlich bestimmten Zwecke gestellt werden sollen. Man kann sich fragen, wie weit in ganz anderer Richtung forschende Neugier, Beobachtung und Wahrnehmung überhaupt in einigermassen diametral entgegengesetztes Streben 'umgesetzt' werden können soll, ohne dabei von seiner eigentlichen Bestimmung abgetrennt und von seinem eigentlichen Sinn entfremdet zu werden.
Die Versuche der interviewbereiten, sich für ganzheitlich denkend oder geisteswissenschaftlich ausgerichtet wähnenden Wirtschaftsführer und -experten, Ethik und Gewinnstreben miteinander zu verbinden, kann einen mental lebhaften Agnostiker und ungerührten und unparteiischen Beobachter leicht an ein Vorhaben oder Versprechen etwa der Art erinnern, einen toten Fisch (Theologie ohne Anerkennung einer Transzendenz zumindest als begrifflich axiomatische Korrelation zum Diesseitigen) mit einer Lokomotive (Wirtschaft) vor denselben Wagen zusammenzuspannen und dann zu behaupten, der zur Lokomotive zugespannte tote Fisch führe zur Umsetzung von Gedankengut aus der Welt der Fische in die Welt des mit Volldampf Vorankommmens. Das Einzige, was ein solcher Versuch, dem möglichst ungehinderten Vorankommen, dem spektakulär Fortscheiten und Voraussein und grenzenlosen Wachsen Wollen einen ethischen Duft zu verleihen, erzeugen kann, ist ist ein unnötig den 'Fortschritt', das 'Wachstum', die 'Gewinnerzeugung' und die dazu angeblich unerlässlichen Axiome begleitender und störender Verwesungsgeruch.
Eigenartig, beinah verzweifelt ultimativ hob sich die Prägnanz von der sachlich arrangiert unverbindlichen Atmosphäre des übrigen Interviews ab, mit der der mental bunte Sommergast, wie schon all die andern Seinesgleichen vor ihm zwar nicht ein, weil zum x-ten, aber doch erneut für alle Mal festhielt, Zweck jeder Unternehmung sei nun einmal die Erzielung von Gewinn. Die Fragen wie etwa : 'Gewinn wozu, für wen und auf wessen Kosten und zu wessen Leid?' gelten dabei als Missachtung der Spielregeln. Der Theologe und Philosophe hat sich dazu nicht zu äussern und erhält quasi Asyl in 'agnostischem Niemandsland'. Die Weigerung, jenseist alles disseitig Zweckmässigen etwas erkennen oder zur Kenntnis nehmen zu müssen passt so wunderbar zu Axiomen, die den Zwang zur eigenen Bereicherung und Besserstellung als Naturgesetz hinstellen und die Rücksichtslosigkeit im Konkurrenzkampf nicht nur rechtfertigen sondern in subtiler Weise zur (unternehmerischen) Tugend erklären.
Keine Ähnlichkeit mit dem Administrator

Ultra Fines Officiorum - Ausser Rand und Band

Nashaupt's 'Programm'

Die Unparteilichkeit der Logik ist nicht die einzige aber die unab- dingbarste Gewähr für die Freiheit des Denkens. ---------------------------------------------------------------------- Niemand hat Anspruch darauf, die Prämissen (Vorbedingungen) des Denkens für Andere zu bestimmen. ---------------------------------------------------------------------- Beim Streit um Prämis- sen geht es zweifellos immer und ausschliess- lich um Macht, nie um Einsicht ---------------------------------------------------------------------- Einzelheiten siehe im Beitrag NASHAUPT'S PROGRAMM 'auf dieser seite https://nashaupt.twoday.net/ index : stories/1234793/

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