Dienstag, 25. März 2008

Ideal und Stil

Demokratie ist im Wesentlichen eine Kulturform.
Ihr innerster Wesenskern ist der spontane Antrieb, Freud und Leid miteinander zu teilen. In dieser Bereitschaft zur Teilnahme und Teilhabe ist auch die Vorstellung von der grundsätzlichen Gleichwertigkeit der Individuen mitveranlagt. Die äussere Gestalt dieses Antriebs ist das Ideal der Gemeinschaft an sich.
"Ideal der Gemeinschaft an sich" bedeutet, dass die Frage, ob in Wirklichkeit sowohl die Bereitschaft als auch die Fähigkeit jedes Einzelnen zu ihn gleicher Massen berechtigender und verpflichtender Teilnahme, Teilhabe und Teilgabe gegeben und lebendig sei, ist dabei noch gar nicht gestellt geschweige denn beantwortet.
In vielen Erörterungen, Lehren und Dogmen von und über Kollektivität wird diese Frage suggestiv kategorisch mit Ja oder Nein beantwortet - als ob das so ohne Weiteres möglich wäre - und entsprechend in der Wahrnehmung des Ideals von den darüber Belehrten einfach übersprungen oder als sich in der Wirklichkeit auf wundersame Art und Weise von selbst lösend (die "unsichtbare Hand" winkt dazu) aufgefasst und jeder kritischen Beobachtung entzogen. Diese Frage zu stellen wird als Tabubruch gegenüber dem Ideal, als dessen Leugnung oder gar als böswilliger Angriff darauf verstanden.
Die Idealisierung der "Gemeinschaft an sich" wird durch die Vermeidung und Verdrängung der Analyse und der risikoreichen Beantwortung der Fragen nach Fähigeit und Bereitschaft des Einzelnen zu Hingabe an das Idealisierte zum eigentlichen Hindernis für die Verwirklichung von nachhaltig (d.h. regenerierungsfähig) friedlicher Kollektivität. Die Dynamik zunehmend dogmatischer, autoritärer und schliesslich totalitärer Vergötzung eines der Entstellung und schliesslichen Vernichtung des Ideals heiler Gemeinschaft gerät in Gang.
Dadurch, dass das Ideal (wovon auch immer) immer nur um den Preis der Verleugnung seines Schwachpunkts und der daraus sich weiter entwickelnden Schwächen erkauft und eingebildet wird, ist sein Selbstzerstörungspotential (und damit seine Endlichkeit) in es selbst hineingepflanzt (hineinprogrammiert).

Die Rechtsstaatlichkeit ist ein eigentliches Konstruktions- und Stilmittel.

Ihr wesentlichster Daseinsgrund ist genau die angemessene Abgrenzung und Distanz des Einzelnen zum Kollektiv und umgekehrt.
Sie ist die Rationalisierung des Gemeinschaftsideals durch Gewährleistung dafür, dass der individuellen Entfaltung und Entwicklung genügend materielle und immanterielle Ressourcen gelassen werden, um der Geimeinschaft Lebenswille, -kraft und -fähigkeit zu spenden.
Dazu schützt das Recht den Einzelnen vor der gänzlichen Vereinnahmung durch das Kollektiv und vor Anmassung desselben ihm gegenüber.
("Gemeinsam sind wir stark. Ohne uns bist Du als Einzelner ein unnützes und wertloses Schnecklein!")

Wo dieser Schutz nicht wirkt und für den Einzelnen nicht alltäglich ermutigend und aufrichtend spürbar ist, ist der Einzelne nicht nur aus seiner persönlichen Sicht des ihm Widerfahrenen sondern auch aus unparteilicher Distanz beobachtet effektiv rechtlos.

Die Rationalisierung des Gemeinschaftsideals ist in den überlieferten Lehren als abgeschlossener und durch "reine Vernunft" Vollkommenheit erlangt habender Endzustand chiffriert. So wurde das Gemeinschaftsideal unerwartet um ein nicht minder abenteuerliches
Vernunft- und Zweckmässigkeitsideal ergänzt (z.B. Technokratie). Genau dadurch hat die Rechtsstaatlichkeit an Wert als Konstruktions-
und Stilmittel eingebüsst und ist für Viele zu einer Art ideologischem Suchtmittel geworden.

Einige Deutungsansätze jüngerer Zeit sind im Begriff, sich der Einsicht zu öffenen, dass keine Rationalisierung je zum "vollkommenen"
Abschluss kommen kann, weil jede Rationalisierung Emotionalisierung provoziert und umgekehrt. Die Kunst besteht darin, diese gegenseitige, wiederholte und fortgesetzte Provokation weder excursiv eskalieren noch depressiv ersterben zu lassen.
Die übertriebene, verzerrte und wuchernde Form der Rationalisierung ist die starrsinnige und verbissene, zu Gewalt neigende Rechthaberei.
Die Rationalisierung des Ideals ist also ein fortwährender Arbeitsgang, der beides, das Ideal an sich eben so wie die Rationalisierung,
weiter entwickelt und immer wieder neu zusammenführt, darauf bedacht, dass keines der beiden Elemente eigendynamisch ausschert. Das
erfordert zumindest Meisterschaft. Noch besser ist Kunst. Zuviele, die sich nicht um diese selbstlose Kunst und Meisterschaft bemühen
mögen, balgen sich und reissen selbsterrlich die Zügel über solches Zwiegespann an sich (und meinen, das sei Politik) - mit für die
wachen Auges Schauenden voraussehbaren Folgen.

Dass in Wirklichkeit viele Schwärmer und vom Ideal der Gemeinschaft Betörte und damit rattenfängerisch operierende Gaukler die
Rechtsetzung zur Erreichung des genauen Gegenteils der Aufgabe des Rechts missbrauchen, ändert nichts an der hier postulierten
Aufgabe allen Rechts überhaupt. Der Missbrauch des Rechts zur Auslieferung des Einzelnen an das Kollektiv ist und erzeugt unausweichlich
und im wahrsten Sinne zwangsläufig bodenloses Unrecht.
Keine Ähnlichkeit mit dem Administrator

Ultra Fines Officiorum - Ausser Rand und Band

Nashaupt's 'Programm'

Die Unparteilichkeit der Logik ist nicht die einzige aber die unab- dingbarste Gewähr für die Freiheit des Denkens. ---------------------------------------------------------------------- Niemand hat Anspruch darauf, die Prämissen (Vorbedingungen) des Denkens für Andere zu bestimmen. ---------------------------------------------------------------------- Beim Streit um Prämis- sen geht es zweifellos immer und ausschliess- lich um Macht, nie um Einsicht ---------------------------------------------------------------------- Einzelheiten siehe im Beitrag NASHAUPT'S PROGRAMM 'auf dieser seite https://nashaupt.twoday.net/ index : stories/1234793/

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