Freitag, 18. Januar 2008

Niedergang eines Kultes

Lagebeurteilung
Die Welt wird Zeuge vom Niedergang des Kultes, der mit dem Aufkommen enthemmter und demoralisierter Rationalität mit der "Renaissance" (wovon und wozu eigentlich?) Gestalt anzunehmen begann, im 19. Jahrhundert seine Blütezeit erreichte und im 20. Jahrhundert seine süssen und betörenden aber süchtig machenden und giftigen Früchte trug.
Die davon im Übermass gekostet, können nicht mehr davon lassen, sind aber nicht nur deren Betörung und Betäubung hilf- und ratlos erlegen, sondern prägen zumindest die erste Hälfte des 21. Jhdts. mit ihrer Unfähigkeit, die ausser Rand und Band geratene kollektive Verdauung zu kontrollieren. Sie sind der Launenhaftigkeit ihrer Peristaltik ausgeliefert, die sie zwingt, sich der Verdauungsprodukte all und jeder Zeit und an beliebigem Orte zu entledigen, wo und wie's halt gerade geht, ohne Rücksicht darauf, was davon zugedeckt, beschmutzt, vergiftet und wertlos gemacht wird, machtlos gegenüber dem mentalen Gestank, den ihre "Ausschüttungen" verbreiten, der bei den Gesundgebliebenen dafür Brechreize auslöst, die nicht zur Linderung der versch...önerten Situation beitragen.

Der Kult und seine Folgen
Es ist dies der Kult des Finalismus bzw. des utilitaristischen Finaldeterminismus. (Utilitarismus ist grob gesagt der ethische, Finalismus der analytische Aspekt, der danach fragt, wozu etwas bestimmt, induziert, motiviert sei).
In groben Strichen skizziert gipfelt und engt sich der Finaldeterminismus durch auf die Spitze getriebene Abstraktion vor allem des Faktors Zeit (Zins, "time is money") auf Maximierung von Nutzen, Ertrag, Gewinn, Profit und Macht ein, ohne Frage nach einem ethischen Sinn dieser Maximierung.
Der ethische Aspekt abstrahiert das vom Utilitarismus als 'selbstsüchtig' allein nach Eigennutz strebende und daher in keiner Weise unterstützungswürdige Individuum auf ein wiederum aller Zeit enthobenes (und auch jedem beliebigen Zweck gefügige und keinerlei Verbindlichkeit eingehende) "Allgmeinwohl", und dieses zu definieren und glaubwürdig zu machen (realisierbar ist es ohnehin nie, da es ja eine Glaubensangelegenheit).
Der utilitaristische Finaldeterminismus weist die Richtung letzten Endes zwingend in totalitäre Ordnungen, wo das von ihm als das "Richtige und Zweckmässige" zum unantastbaren Höchsten erklärt wird. Die Unterschiede bestehen in der praktischen Anwendung allein in der Färbung, die dem "Allgemeinwohl" gegeben wird, um es überhaupt sicht- bzw. vorstellbar zu machen. Als "Kontrastmittel" für die politische Bildgebung haben sich bisher folgende, nicht minder nebulöse, oft erst über Emotionen überhaupt wahrnehmbare Formen und Gestalten wie : Gott, Nation, Sozialismus, Gemeinschaft, Heimat, Solidarität, Reichtum, Erfolg, Markt, Wettbewerb, Tüchtigkeit,
Freiheit, Gerechtigkeit "bewährt". Diese Liste schillernder "Werte" kann gar nicht abgeschlossen werden, nicht zuletzt deswegen, weil sie alle miteinander gegenseitig direkt oder indirekt verknüpft oder verfilzt sind. Verfolgt man die Knotenpunkte über mehrere Maschen dieses endlos verschlauften Netzes, kann man entdecken, wie jeder einzelne dieser Namen, Begiffe und Werte letztlich wieder auf sich selbst bezogen (selbst- bzw. eigenrelationell) definiert ist. Je nach für die Kontrastierung von Allgemeinwohl gegenüber Anarchie und Chaos verwendeten Mitteln sprach und spricht man zur Zeit noch von Nationalismus, Sozialismus, Kapitalismus, Liberalismus usf. und alle diese Glaubensbekenntnisse kennen auch ihre sektenhaft rechthaberisch und intolerant eifernden Ausprägungen.

Die Verbrämung der Feudaldeterminismus durch Wissenschaft, Ethik, Humanismus und Demokratie

Dass der utilitaristische Finaldeterminismus als eigentlich selbstherrliches Feudalsystem allein nur sich selbst hörig ist und sich selbst und seine Gläubigen und Vasallen "befriedigt" (mit der Folge, wachsender Unzufriedenheit und Gier nach noch mehr Auserwähltheit und Besonderheit) wird durch eine sich nach aussen kausaldeterministisch ausgerichtete Wissenschaft kompensierend verbrämt und mit eifrig
beauftragten und beschäftigten aber nie über das opportun Erscheinende hinaus ernst gonommenen Ethikgremien dekoriert. Ein parteipolitischer Zirkus mit Wahlen und Abstimmungen mit letztlich suggestiven Fragen sorgt für demokratischen Wohlfühlbetrieb, zu dem natürlich eine Prise nobel kultivierten und jovial geduldeten intellektuellen Missbehagens einen Hauch von "Unverfälschtheit" verleiht.

Der nur scheinbare Widerstand und Widerspruch der Wissenschaft
Die Aufdringlichkeit, mit der Wissenschaftlichkeit als streng kausaldeterminierte Methode postuliert wird, nach der sog. "Naturgesetzlichkeiten" als unumstössliche Wirk- und Ordnungsprinzipien ekannt und nachgewiesen werden sollen, dient genau dazu, den utilitaristischen Final- bzw. Feudaldeterminismus als naturgesetzlich begründetes und unumgängliches Ordnungsprinzip erscheinen zu lassen und dafür nach traditionell christlicher Art, d.h. durch Versprechen von Gunst, Belohnung, Milde und Gnade oder sonst mit Verfolgung, Folter, Feuer, Schwert, Ausbeutung, Vergewaltigung und Versklavung, bzw. nach südstaatlichem Muster des 19. Jahrhunderts, mit Zuckerbrot und Peitsche, zu "missionieren" (*1).
Bei kritischer Analyse des ganzen Wissenschaftsbetriebes wird deutlich, dass einerseits beteuert wird, die Erkenntnismethode sei streng kausaldeterministisch (was von nicht Eingeweihten nicht überprüft werden kann), andererseits aber postuliert wird, dass Wissenschaft, vor allem der enorme Ressourcen verschleissende Aufwand dafür, nur durch den Nutzen ihrer Ergebnisse für das Nichts sagende und Nichts bewirkende "Allgemeinwohl" bzw. die "Entwicklung der Menschheit" zu etwas, wozu diese nie gefragt worden ist und was kein armes Schwein kümmert, "gerechtfertigt" sei. Die enormen Mittel für den Betrieb der Naturwissenschaften können gar nicht anders als durch finaldeterminiertes Handeln und Walten beschafft werden. Entsprechend muss sich Wissenschaft dem System unterordnen, von dem si finanziert wird. Die durch die Gehirnwäsche des Wissens Gegangenen können, des Vertrauens in ihre Fähigkeit beraubt, ohne Definitionen und allein anhand eigener Wahrnehmung und Beobachtung zu denken und Schlüsse zu ziehen, keine Einwände erheben, und den nicht Gereinigten und Gebleichten mangelt es an Wissen, zu verstehen, wovon die (angeblich bzw. selbstreferentiell) Wissenden reden.

Ein gigantischer globaler Hafenkäse
Untersucht man die an diese vagen Umrisse von Allegorieen letztlich des 'Heils' weit verbreitet aber nicht unbedingt differenziert geknüpften Erwartungen und Vorstellungen, erweist sich, wie tief in die Denkmuster zeitgenössischen Denkens über Kollektives und von den Bedingungen und Wirklichkeiten des diesbezüglich angeblichen, vermuteten oder erhofften "Guten und Richtigen" sich zu Fragen nach der Finanzierung und Positionen der Besitzstandswahrung verklumpt.
Aus solcher Gerinnung und Verkäsung des Denkens zu entrinnen erfordert persönliche Motivationen, die gerade dieses Denken mit seinen Zwängen zu "wissenschaftlich anerkannter" bzw. willfährig bestätigter Abstraktion nicht liefern kann, zu liefern sich nicht bereit erklären kann, ohne sich selbst in Frage zu stelen.
Gegenüber dem wahren Potential menschlicher Fähigkeiten ist das, was die Globalisierungsbastler der Welt angerichtet haben, ihr vorgaukeln und zumuten, ein eigentlicher, unappetitlicher Hafenkäse.

Das banale Erfolgsgeheimnis
Der Erfolg derjenigen, die mit ihren Projekten und den nach ausschliesslich unter Ihresgleichen gültigen Konventionen für ausschliesslich Ihresgleichen erstellten Erfolgsmessungen prahlen, beruht darauf, dass sie mit grenzenloser Rücksichtslosigkeit und Brutalität die Welt daran hindern, über den Rand des Hafens hinauszublicken, worin sie ihren Käse letztlich verderben lassen, aus Angst, in diesem Hafen
Platz für Neues und Überfälliges zu schaffen, was auch bedeutet, dass nun Andere nach andern Massstäben an der Reihe sind, nach Besserem als dem bisher bedingt Richtigen zu schauen.
Die Exclusivität, mit der sich die blendend Erfolgreichen, modisch Intellektuellen und verführerisch Schönen umgeben, ist deren Fluchtburg. Aus dieser wird es für sie aber kein Entkommen mehr geben, wenn auch diese ihnen zu eng wird und ihnen ausser tödlicher Frustration nur eine unnütze und qualvolle Verlängerung ihres Daseins gewährt.
Die Auserlesenheit der sich selbst gegönnten Annehmlichkeiten wandelt sich unmerklich, unwiderruflich und unumkehrbar zur Unabdingbarkeit einer Intensivstation. (Das gilt übrigens für alle angewöhnte Annehmlichkeit und Bequemlichkeit, unabhängig davon, wieviel sie kostet).

Anmerkung
(*1) "Mission accomplished" :Dass die Christen allein und nur ihres Glaubens wegen von gewissen Römischen Kaisern verfolgt worden seien, scheint von unsentimentalen und unparteiischen historischen Nachprüfungen nicht länger uneingeschränkt aufrecht erhalten werden zu können. Einiges deutet darauf hin, dass die institutionalisierte, perfide und grausame methodische - und später gar industrialisierte - Verfolgung Andersgläubiger Erfindung und Entwicklung abendländischer religiöser - und später ideologischer - Machtmonoplstrategie ist, deren Wirkungen dann so beeindruckend waren, dass sie unter den Machthungrigen überall auf der Welt als permanente Präventiv- und Einschüchterungsmassnahme gegen nach Rastern betimmte Gruppierungen von Untertanen oder Konkurrenten Bewunderer und Nachahmer fand.
Das Entscheidende ist nicht die Verfolgung und Misshandlung an sich, die gegenüber offensichtlichen und selbst erklärten Feinden und Konkurrenten von allen Gewaltherrschern in allen Zivilisationen angewandt wurde, sondern das "Schleppnetzverfahren", mit dem aus reinen
Gründen maximaler Effizienz und Nachhaltigkeit, letztlich also aus Kostengründen, kaltblütig und verbrecherisch in Kauf genommen wird, dass auch zweifelsfrei Ungefährliche und Unschuldige getötet, verletzt, ruiniert oder zumindest misshandelt und traumatisiert werden.

Montag, 24. Dezember 2007

Das Gerüst und sein Kult

Tönendes und Scheinbares
Deutlich gewichtigere Teile der Wirtschaft und Kreise ihrer Prominenz und deren politischen Verbündeten schlagen kritische
Töne gegenüber Leistungen und Folgen ihres Wirkens in der Vergangenheit an und markieren in einer Weise ihre Einsicht
in den Ernst der ökoligischen und sozialen Lage, wie es vor Jahresfrist noch undenkbar schien.
Der Hörer oder Leser einschlägiger Interviews ist geneigt, diese Aussagen, so wie in der Interviewsituation und auch dem
Zweck des Interviews entsprechend formuliert, als von den Inteviewten aus deren ehrlicher Überzeugung und Einsicht gemacht
zu verstehen, besonders, wenn er sich nie um die Geschichte der Lehren, Dogmen und Ideologieen gekümmert hat, auf denen die
Projekte, Strategieen und Taktiken dieser Berufsstände nach wie vor gründen. Entsprechendes gilt für die karitativen Aktionen
der Wirtschaft anlässlich der 'christlichen' Feiertage.

Das Problem der Echtheit
Für je ehrlicher man diese Zeichen des guten Willens zu überfälliger Neuorientierung halten möchte, desto drängender wird die
Frage, warum dieser Gesinnungswandel so spät erst seinen Ausdruck findet und desto unbestimmter und unverbindlicher bleibt der
im Interview erzeugte Eindruck davon, was die Industrie von sich aus konkret ändern wird, um künftig die ökologischen und sozialen
Schäden des Wirtschaftens auf das Mass des bei bestem Willen Unvermeidlichen zu reduzieren. Schon darüber, wie ein solches Mass zu
bestimmen und zu handhaben sei, wird mit vielen verdeckten Vorbehalten gestritten. Diesbezüglich ist von den mit gutem Willen
in guter Laune freundlich Plaudernden vor allem der diskrete Hinweis auf höchst komplexe Unüberwindlichkeiten für eine rasch
wirkende Änderung zu hören.

Die verweigerte Verantwortung
Die Exponenten der Wirtschaft scheuen die Frage, was Wirtschaft bisher versäumt hat und was sie künftig unerlässlich soll und was
sie keinesfalls mehr länger darf, genau so ängstlich und selbstgerecht wie die Politik exakt dieselbe, auch an sie gerichtete
Frage beharrlich überhört.

Selbstherrlicher Anspruch auf 'Unfehlbarkeit'
Wirtschaft, Politik und Wissenschaft und die mit diesen verschränkten Systeme halten sich nach wie vor als von vorne herein und an
und für sich legitimiert und unentbehrlich und für entsprechend unantastbar. Wie gewisse Religionen hantieren sie mit einer Art
Unfehlbarkeitsanspruch.

Die durchschnittliche Masse nach 'Höherem Strebender'

Von der durchschnittlichen Masse ihrer Exponenten werden diese Tätigkeitsbereiche und die Systemstrukturen als Karriereklettergerüst
verstanden, das ihnen von einem duldsamen Kollektiv zum Austoben ihres hemmungslosen Forschungs-, Neuerungs-, Selbstdarstellungs-,
Selbstmehrwertschöpfungs- und Tatendrangs hingestellt und unterhalten wird ('Rahmenbedingungen').
Für jede/n so Eingestellte/n ist nicht bloss die von ihr/ihm erklommene Position in diesem Gerüst sondern das ganze Grüst überhaupt
als ihre/seine Errungenschaft "er-lebt" und wird emotional als Besitz beansprucht. Das macht für die in diesem Gerüst Hangelnden und
erst recht für die darin Sesshaften den Aberglauben vom ihren Anspruch auf "Rahmenbedingungen" plausibel. Sie nehmen nur noch das Gerüst wahr, das ihren Aufstieg ermöglicht, nicht mehr den Grund, worauf es gestellt ist und nicht mehr die Herkunft des Materials und der Kraft, deren es für dessen Errichtung und Unterhalt bedarf. Sie sehen sich und das, woran sie sich ertüchtigt und bewährt haben, teils als
Selbstverständlichkeit, teils als ihr höchstpersönliches Verdienst an. Besten Falls die Klügsten von ihnen können ahnen, wie prekär die
Voraussetzungen für die Stabilität dieses Gerüsts sind, das von ihresgleichen als Naturgegebenheit und Wirklichkeit statt als Artefakt
ohne eigene Lebenskraft begriffen und in Beschlag genommen wird.
Weil das Gerüst ihnen die ihnen günstigen "Rahmenbedingungen" gewährt, erklären sie es als für das Leben schlechthin unabdingbar. Sie
sind blind dafür, dass das Gerüst nur beschränkten Platz gewährt und denen, die auf demselben Grund stehen, wie das Gerüst, rein gar
nichts bringt und sie vom Zugang von natürlichen Ressourcen wie Wasser, Humus, Fischgründen usf. abdrängt und mit seinen Abfällen ihren
Lebensraum unwirtlich macht.

Warum sich nichts wirklich bewegt und ändert
Solange dieses Gerüst sich für Karrieren anbietet - und anders kann es gar nicht, da es ganau dazu errichtet worden ist - wird sich Nichts
grundlegend und nachhaltig ändern.
So lange die, die mit ihren Füssen auf dem Grund stehen, auf dem das Gerüst steht, das Gerüst bestaunen und bewundern und davon träumen, darin einen guten Platz zu ergattern, auch nicht.

Freitag, 21. Dezember 2007

Ungeachtet alles künftig Möglichen

Ungeachtet alles künftig Möglichen
und Unmöglichen

wünschen wir Allen von Herzen
frohe Festtage und für 2008 -
und weit über diese determinierte
'Dimension' hinaus -
von möglichst vielen
Eng- und Zwängnissen
befreite Lebendigkeit

Montag, 17. Dezember 2007

Vermutung über das Wesentliche

Nicht, was geschieht, sondern was Geschehen und Entwicklungen antreibt, ist das, was das Wesen ausmacht.
Die Art und Weise, in der etwas geschieht und sich fort entwickelt, lässt häufig aber keineswegs immer brauchbare Rückschlüsse auf die Eigenarten der Antriebe zu. Sie kann genauso täuschen.
Das Wesentliche aber ist und bleibt das Antreibende selbst. Dieses darf nicht voreilig mit den sog. 'Ursachen' vermengt oder
verwechselt werden, die evt. nur besondere und zeit- und situationsgebundene Bedingungen für die Antriebe bzw. deren Energieen
selbst sind. Weil das Wesen wandelbar ist, kann es sich auf neue bzw. veränderte Ursachen verlagern.
Man kann durchaus diese Bedingungen bzw. 'Ursachen' verändern, ohne die Antriebe nachhaltig oder gar 'endgültig' zu beseitigen.
Darum bleibt alles Verhindern von Geschehnissen und Entwicklungen und alles Eindämmen und Bekämpfen von Wirkungen und
Ergebnissen auf Dauer erfolglos, wenn die Antriebe und deren letzte Ressourcen und Steuerungen verkannt und falsch eingesetzt
werden. Alle Antriebe beruhen letztendlich auf komplexer Natur und wilder Lebendigkeit, der kein zweckdienliches System nachhaltig vorgreifen kann. Das Zweckdienliche ist gegenüber dem Wesentlichen immer im Nachteil, weil es über keinen eigenen Antrieb verfügt, sondern von Ressourcenzufuhr abhängt. Das Wesentliche ist im Unterschied zum Systemischen keinen Zins- und Effizienzdiktat unterworfen.
Es kann tausend Jahre schlafen und jäh mit neuer Kraft erwachen und ungestüm auferstehen. Zweckhörige und -dienliche Systeme gehen
alle über kurz oder lang an ihrem Zweck, ihrer Abhängigkeit von Ressourcen und an der Verschlechterung ihrer Voraussetzungen durch ihr
eigenes Wirken zu Grunde. Sie sind unfähig, ihren eigenen Mist zu bewältigen und müssen schliesslich darin versinken.

Freitag, 2. November 2007

Der 'Wert' des 'Menschen'

Das Folgende gründet auf vielen wiederholten und fortgesetzten persönlichen Überlegungen zu Darstellungen von Vergangenem, zu Berichten über von den Berichtenden für aktuell, gegenwärtig und wichtig Gehaltenes und zu futurologischen Szenarien und Denkexperimenten.

Die beiden Ideen 'Mensch' und 'Wert' sind unlöslich ineinander verschränkt. Das Bild einer Doppelhelix drängt sich als für den Zeitgeist plausibles auf (was noch lange nicht rechtfertigt, es als Darstellung der Wirklichkeit, sondern bestenfalls als Illustration für kindliches Bedüfrnis nach 'Vorstellung' von überhaupt 'Etwas' gelten zu lassen, womit man bereits mitten im Thema der sog. 'Wissensgesellschaft' und der weiteren Anforderungen, sich eine Vorstellung von diesen beiden weiteren, eben hier verwendeten 'Begriffen' {sc. 'Wissen' und 'Gesellschaft'} zu machen).

Der Begriff 'Wissensgesellschaft' ist ein Pleonasmus. Gesellschaft und Gemeinschaft definiert sich letztlich über gemeinsame Algorithmen, wie Wahrnehmungen und Erfahrungen auf gemeinsame Nenner einer halt - je nach Gegebenheiten - einfacheren oder komplizierteren Verständigung zu setzen seien. Diese Gesamtheit von Regeln ist Wissen, welches auch die Beherrschung einer Sprache beinhaltet und voraussetzt. Wissen - so verstanden und definiert - braucht nicht auf Wahrheit zu beruhen, um Gültigkeit zu haben. Diese Behauptung spielt auf die Umstände an, unter denen Katechismen entstehen und gelten. Gegenwärtig lösen wissenschaftliche Katechismen die klerikalen ab oder gehen mit diesen Zweckbündnisse ein. (Griech: 'katechein' deckt das Bedeutungsfeld gängiger Arten des Zwanges ab, z.B.: "niederhalten, hinlenken (Rechtleitung, diritto), hemmen, zügeln, zähmen, besitzen - Quelle: Langenscheidt, Altgriechisch, ISBN 3-468-11032-4).

'Wert' setzt eine rechnende, jedenfalls unterscheidende und sich erinnernde Instanz voraus, die es aber nicht bei diesen beiden mentalen Funktionen bewenden lässt, sondern erinnerte Unterscheidungen in Relationen zu einander setzt und diese Relationen zu Vorentscheidungen für Vehalten in evt. - nach ihrerseits auf Unterscheidungen beruhend - ausgewählten Kriterien für gleichartig gehaltene Anforderungskonstellationen oder Wahlmöglichkeiten quasi zusammenbastelt und installiert.
Eine solche Vorentscheidung enthält bereits einen Aspekt davon, was die gegenwärtig dominierende Auffassung und Darstellung von Wirklichkeit als 'Zukunft' veranschlagt.
Woher eigentlich dieser Impuls, Vorentscheidungen (Pro-gramme) zu installieren, bereits in einfachen, nach noch herrschender Auffassung 'unbewussten' Mikroorganismen kommt, ist eine spannende und allein mit molekularbiologischem Handwerkszeug vermutlich nicht schlüssig zu beantwortende Frage. Jedenfalls ist jede Vorentscheidung eben auch bereits Prävention und solche ist unvermeidlich zu einem grösseren oder kleineren Teil rein spekulativ und 'unwirklich' bzw. virtuell, selbst dann, wenn auf emotional (scheinbar) indifferenten (und daher für 'rein rational' gehaltenen) Rechenregeln beruhend.
'Wert' hat also wiederum unlöslich etwas mit 'Erwartung' zu tun. Jeder kann anhand seiner höchstpersönlichen, privaten und vielleicht sogar von ihm für seine geheimsten und exclusiv persönlichsten gehaltenen Erwartungen beobachten, dass diese sowohl rationale als auch emotionale und sentimentale Elemente enthalten.

'Mensch' ist als Idee an sich bereits ein 'Wert' im eben beschriebenen Sinne. Er wird von 'Nichtmensch' unterschieden. Was 'Nichtmensch' aber von 'Mensch' unterscheide, hängt von der Weite, Vielfalt und Intensität der Erfahrungen ab, welche bald emotional, bald rational, bald sentimental ins Bild bzw. an die Gestalt des einen oder anderen Gewichtungspunktes (Mensch oder Nichtmensch) eingefügt bzw. ange- lagert werden.
Es dürfte daher aus von individuell wie auch kollektiv subjektiver (auf Anschauungsgewohnheiten eingeschränkter) angemessen distanzierter Sicht gar nicht erstaunen, dass davon, was 'Mensch' eigentlich sei, sein dürfe, könne oder vielleicht auch sollte, völlig unterschiedliche Bilder entstehen können. Zwischen dieser natürlichen Vielfalt möglicher Menschenbilder und den Missverständissen und Missstimmungen zwischen den Machtzentren in den Debatten über Menschenrechte, die nach Auffassung gewisser Idealisten 'überall gleichermassen gelten sollen', besteht ein auch heute noch zu wenig beachteter und unterschätzter Zusammenhang. (Hier sind vielleicht nach verschiedenen Seiten hin je sie betreffende Entwöhnungskuren angesagt, wenn die z.Zt. noch hinderlichen Verständigungslücken überwunden werden sollen.)

Die Idee, was Mensch sein sollte, wird im Spannungsverhältnis zwischen Individualität und Kollektivität aktuell. Sein Wert wird danach bemessen, ob er ist, wie er soll, bzw. ob er 'leistet', was eben bedeutet, sich einer Vorgabe ('Leist') zu beugen - ein Thema, das hier nur erwähnt, aber nicht erörtert werden kann.
In diesem Feld wird aus auch achtenswerten Motiven und mit meist zweifelhaften Waffen darum gerungen, was höherwertig sei : das Kollektiv oder das Individuum ? In diesem Zusammenhang werden auch Fragen des Kampfes um Ressourcen und Privilegien aktuell. Dieser ist ein Kampf zwischen Wertekulten, von Hörigen dieser Kulte genährt, finanziert und geführt.

Hier ist nicht der Ort, auf all die angeschnittenen Fragen einlässlich einzutreten. Ein Einzelner kann das gar nicht allein bewältigen. Dennoch ist jeder Einzelne gefordert, sich mit diesen Fragen gewissenhaft und nach seinen Möglichkeiten zu beschäftigen. Das ist unerlässlich jedenfalls für jeden, der Demokratie umgesetzt haben und verwirklicht wissen will.

Donnerstag, 25. Oktober 2007

Ein Psychopath mit seinem Apparat

Ein hochgestellt erfolg- und einflussreicher Psychopath
benützte heimlich und ohne Skrupel einen Apparat,
konstruiert nach strengst geheim gehaltenen Verfahren
und verschwieg aus Eigennutz all dessen Gefahren.
Alles rund um diesen Appaparat war eine kriminelle Tat.

Mittwoch, 12. September 2007

Wissenschaft als Kult des Sichtbaren

Das Sichtbare ist immer die Oberfläche des Betrachteten gleichgültig, worauf das
Sehen gerichtet ist und mit welchen Mitteln auf welchen Frequenzen es geschieht.
Und jedes Mass ist eine Relation zwischen mindestens zwei Sichtbarkeiten.

Was sichtbar ist, ist der Bedingtheit allen Sehens gemäss immer ein Bild.
Dieses Bild ist an sich Nichts und ohne Kenntnis der Absicht des Herstellers und
ohne Konventionen über diese Absicht bedeutungslos. Deutbar wird es erst durch
Schaffung von Voraussetzungen für seine Deutbarkeit ('Bildung' im denkbar umfas-
sendsten und entsprechend auch fragwürdigen Sinne).

Die Wirklichkeit hinter jedem Bild ist vergangen.
Die Generallegende für das Bild an sich lautet: "Es war einmal". Bilder täuschen darüber
hinweg. Sie sind Früchte vom so genannten Baum der Erkenntnis - der sich letztlich
immer wieder als Baum der Enttäuschung erweist.

Es ist ein tiefwurzelnder Irrtum, zu glauben, mit Perfektion der Bildgebung
gelange man auch nur ein bisschen näher an die Wirklichkeit.

Das Bild erzeugt einen Schein, Anschein oder eine Erscheinung und wird zu
Beweiszwecken ge- und missbraucht.
Die Wirklichkeit dagegen begnügt sich mit sich selbst und bedarf nicht einmal der
Wahrnehmung und erst recht keines Beweises und keiner Rechtfertigung.
Sie ist die und wie sie ist, ob jemand meint, sie zu verstehen oder ob er ihr gegen-
über ahnungslos und gleichgültig bleibt.

Bild gebende Verfahren haben folgende Eigenarten :

a) Sie wählen aus der Gesamtheit die von ihr technisch erfassbaren Faktoren aus
__ und fügen sie ihrem Algorithmus gemäss ins Bild ein.
b) Der Zeitpunkt und oft auch weitere Bedingungen der Aufnahme sind nach
__ bestimmten Absichten und zu bestimmten Zwecken festgelegt.
c) Das Bild zeigt nicht seinen Gegenstand, sondern das Ergebnis eines so und so
__ ausgeführten Abbildungsprozesses bzw. der Wechselwirkungen zwischen am
Prozess aktiv beteiligten und passiv betroffenen Personen, Einrichtungen und
Ressourcen.
Es enthält zu einem wesentlichen Teil Hinweise auf seine Entstehung, die aber
(einmal vom Bildrand abgesehen) von denjenigen auf das Abgebildete, nicht trennbar
sind.
d) Schon bei ganz einfacher Bildgebung mit Papier und Bleistift genügt das
__ hergestellte Bild seinem Hersteller
als das, was es für ihn sein soll und für
das, wofür er es hergestellt hat.
e) Für Betrachter, die die Absichten des Herstellers, seine Fähigkeiten und die
__ Bedingungen der Herstellung nicht kennen,
kann es uninteressant, gegenstands-
los, banal, missverständlich, rätselhaft, widerlich, empörend oder sympathisch und fas-
zinierend sein.
f) Die Einrichtungen für wissenschaftliche Bildgebung beanspruchen einen grossen
__ Aufwand
für Einrichtungen und an Ressourcen und sind einer kleinen Zahl Auser-
wählter zugänglich, die sowohl die Verfahren entwickeln oder auswählen als auch sich
die Deutung der erhaltenen Bilder exklusiv vorbehalten und Kritik am Aussagewert damit
entkräften, die Kritiker verstünden weder vom Abgebildeten noch vom Abbildungsverfah-
ren etwas.
Dass aber in Bilder hineininterpretiert werden kann, was Unbefangene darauf nicht sehen
können, ist eine häufig gemachte Beobachtung.
g) Die Deutung jedes Bildes ist durch die Umstände seiner Herstellung bzw. seines
__ Erwerbs bereits beeinflusst
und der Grad dieser Beeinflussung kann bagatellisiert
oder überschätzt aber nicht gemessen werden. Je grösser der Aufwand und die erheischte
Aufmerksamkeit für ein Bild und dessen Deutung, desto exklusiver der Kreis der zur Deutung
Zugelassenen und über die Methoden Eingeweihten.
h) Die Abschirmung der Eingeweihten gegen die Unvoreingenommenen, Kritischen und
__ Neugierigen versetzt jene in eine Art Hohepriesterstatus
, und ihre Einrichtungen
werden zu einer Art Allerheiligsten, worin die nur für wenige Eingeweihte bestimmten
Bilder zu einer Art quasigöttlicher Eingebungen über eigentlich nicht Abbildbares entstehen.
i) Aus der Imposanz des Aufwandes für wissenschaftliches Forschen entsteht eine zu
__ den Beschränktheiten und Vorläufigkeiten allen Wissens unverhältnismässige Autorität
,
die in eigentliche Machtentfaltungen durch Steigerung des Aufwandes für angeblich 'Bahn-
brechendes' ausartet.
So meinen z.B. Hirnforscher, aus den nach von ihnen für tauglich erachteten Verfahren her-
gestellten Bildern erkennen zu können und behaupten und verkünden zu dürfen, dass der
'Wille' des Menschen nicht frei sei und meinen, Philosophen etwa hätten dazu rein gar nichts
zu sagen, weil sie keine Mittel zu Feststellungen über das Wirkliche hätten.
Schon die Auguren und Haruspices massten sich an, das für nicht Eingeweihte unsichtbare
Wirkliche durch Bildgebung (Vogelflug und Zucken der Eingeweide geschlachteter Opfertiere)
sicht- und deutbar machen zu können. Dabei ist ganz klar aus Bildern, gleichgültig, wie herge-
stellt und gewonnen, nicht ersichtlich, was eigentlich 'Wille' sei und dass er allein im Hirn ge-
bildet werde. Das ist eine Annahme, die sich in den gegenwärtigen Befindlichkeiten sich glo-
balisierender Kollektivitäten dominierender Plausibilität erfreut, für die es aber keinen mathe-
matisch-logisch zwingenden, sondern eben nur einen den Eingeweihten und Adepten gefälligen
und deshalb 'wissenschaftlich' genannten Beweis geben kann.
Es wird mit der Autorität, die allein aus der Imposanz des Aufwandes für die Einrichtungen um
ein Allerheiligstes bzw. ein abgeschirmtes Zentrum erwächst und bei den Ahnungslosen wirkt,
ein neues Dogma verkündet, wie der Mensch sei und was er keinesfalls könne.
Daraus ergibt sich dann nach und nach unmerklich eine neue Gesellschafts- und Weltordnung.

Sonntag, 9. September 2007

Wahrheit und Wirklichkeit

Die Wirklichkeit ist nicht darstellbar.
Die Darstellung von Wahrheit kann nicht mit der Darstellung von Wirklichkeit übereinstimmen.
Eine solche Übereinstimmung ist ein Wunschtraum von Schulmeistern, Musterschülern, Kontrolleuren,
Rechthabern und anderen Adepten der Unselbständigkeit, deren Glück darin besteht, nach einfachen
Regeln Urteile über ihre Umgebung zu fällen. Für sie ist unerträglich, dass sie Wirklichkeit mit
ihren bzw. mit synaptisch konditionierten Sinnen niemals wahrnehmen können und es daher die Allgemein-
gültigkeiten, in denen sie sich mental gemütlich eingerichtet haben und auf die sie ihre Selbstwahr-
nehmung gründen, wohl gibt, aber diese nicht die Wirklichkeit ausmachen und das einzige, was diese zu
bewirken scheinen, die Einschränkung der Wahrnehmung und des Denkens ist. In Wirklichkeit, das heisst
im Prozess der verlagerung der Aufmerksamkeit von der Ursache auf die Wirkung sind sie indessen reine
Weiterleiter mit geringfügigen Umsetzerfunktionen. Was den Impuls zur Entstehung solcher Anordnung
mentaler Faktoren gibt, ist nicht messbar. Wo es mess- und berechenbar wird, ist die Wirklichkeit
unaufspürbare Vergangenheit, verbirgt sie sich hinter Zufriedenheit des ihr Nachstellenden mit dem
ergatterten Messergebnis - einer kleinen goldenen und gealterten Feder aus dem unermesslichen Gefieder
des entflohenen Phönix.

Wahrhaftigkeit
Nicht die Wirklichkeit aber das Verhältnis des Einzelnendazu (das man als 'die subjektive Wirklichkeit' bezeichnen
kann, die aber nur eingeschränkt 'bewusst' wird), dass sie Ausschnitte ihrer Umgebung wahrnehmen und
dass das Spektrum ihrer Wahrnehmung teils von ihrer körperlichen und intellektuellen Konditionierung
(einschliesslich ihrer sozioökonomischen und politischen Situation), teils von ihrem 'Willen' mitbestimmt
ist. Dieses Spektrum ist auch mitbedingend für ihre höchstpersönliche Wahrhaftigkeit, d.h. für ihre
rein physische wie psychische und intellektuelle Fähigkeit, (Mut, Neugier, Freude, Unterscheidungsver-
mögen) ihre Sinneseindrücke und die damit einhergehenden Gefühle zu registrieren, erinnern, ordnen,
deuten und zu werten und sich auf weitere solche Eindrücke einzustellen. Die Wahrhaftigkeit ist also
eine Konditionierung der Wahrnehmung in einem lebenslänglichen Prozess, wobei die Frage, womit oder
wann im Leben eines Menschen dieser Prozess beginne, offengelassen werden muss, es aber plausibel
erscheint, ihn für die Auffassung von Wahrhaftigkeit im hier angeregten Sinne mit dem Tod des
Individuums enden zu lassen. Die so verstandene "Wahrhaftigkeit" des Einzelnen kann als wesentlicher
Teil dessen aufgefasst werden, was mit "Charakter" bezeichnet wird.
Dieser Charakteranteil ist überwiegend dafür zuständig, die subjektive Wahrheit des Einzelnen für
diesen zu erzeugen.

Subjektiv und Objektiv
In diesem Begriffspaar liegt im wahrsten Sinne bedeutungsvoller Sprengstoff. Das Subjekt nämlich ist
das Unterworfene, Unterliegende, das Objekt das 'Entgegengeworfene', der Gegenstand, auch im Sinne der
'Sache', aber auch des Vorwurfs. Das liegt schon nahe am im Postulat nach Objektivität enthaltenen Vor-
wurf gegenüber der Subjektivität als einer Art Befangenheit. Dieser Vorwurf wirft die Frage auf, woher
denn diese Befangenheit komme und was sie bewirke, beantwortet sie aber nicht. Der ürsprüngliche
Sinn des Wortes Subjekt steht in schwer aufzulösender (analysierender) Spannung zum dem Begriff der
Subjektivität zugeordneten Sinn anmassend, eigenmächtig, selbstherrlich oder selbstsüchtig willkürlichen
Urteilens, Deutens und Wertens. Das Problem mit dem Begriffspaar ist als Subjekt-Objekt-Problem bezeichnet
und auch durch alle Zeiten hindurch unter verschiedensten Aspekten theoretisch kommentiert (Plato, Locke,
Quantenphysik). Im Mittelalter bis zum 18. Jhdt. wurde 'Subjekt' genannt, was wir heute wieder Objekt
nennen, was die Schwierigkeit mit den Begriffen und der Wandelbarkeit ihrer Bedeutung illustriert.
Mit der Entwicklung Psychologie seit dem 19. Jhdt. ist das Begriffspaar und der Umgang damit noch kompli-
zierter und gegen alle Vernunft entsprechend bedenkenloser geworden.
Die traditionelle Erklärung von Subjektivität ist die der Trägerschaft, also direkt bildlich, weil ja
der Träger seiner Last unterworfen ist. Als Träger ist aber immer ein belebter und beseelter verstanden,
der seine Last wahrnimmt und empfindet. Als Last werden Zustände (Umgebung) und Wirkungen (Wirklichkeit
als Bereich bzw. Ebene des Wirkens oder als Gesamtheit aller Wirkungen) angenommen.
Der Psychiater und Gehirnmediziner Daniel Hell empfiehlt für ein zeitgemässes Seelenverständnis anstelle
bzw. ergänzend zum traditionellen Wortschatz die selbsterklärenden Begriffe 1.-Person und 3.-Person-
Perspektive (Seelenhunger, 2. Aufl., Teil 2 Konzeptionelle Entfaltung, S.112ff. ISBN 3-456-83528-0, Verlag
Hans Huber). Bei diesem Konzept ist interessant, dass beide Personenpositionen sowohl in der Einzahl als
auch in der Mehrzahl vorkommen. Daran können weitere Überlegungen angeknüpft werden, die hier nicht zur
Erörterung gelangen. Eine mögliche Vertiefung der im Folgenden vorgenommenen ungefähren Gleichsetzung von
Objektivität mit kollektivierter Wahrheit könnte darin bestehen, die Rollenaufteilung zwischen 'Es'
(3. Person Einzahl), 'Wir' (Kollektiv in der 1. Person) und 'Sie' (Kollektiv in der 3. Person) zu
untersuchen. (Die 2. Personperspektive lässt sich, jedenfalls für die Bedürfnisse der Psychiatrie und der
der Psychologie auf die Wechselbeziehung zwischen zwei 1.-Person-Perspektiven, in denen beidseits das
Gegenüber wahrgenommen und anerkannt ist zurückführen. {Hell a.a.O. S. 149 Fussnote 29}).
Die künftigen Risiken und Krisen menschlicher Gemeinschaften und Gesellschaften werden sich aus den
gängigen Plausibilitäten, mit denen Kollektivität bisher ahnungs- und sorglos als Spenderin und
Regulatorin von Daseinssinn des Menschen als 'gesellschaftlichem Wesen' (zoon politikon) erklärt
und fraglos anderkannt worden ist, entwickeln und wie Vulkane entlang eines tektonischen Grabens nah
entlang der Naht zwischen Individualität und Kollektivität ausbrechen.


Kollektiviert objektivierte Wahrheit verdrängt die individuell subjektive

Eine sich wie von selbst, schmerz- und störungsfrei einstellende Übereinstimmung individuell
subjektiver Wahrheit mit sog. "objektiver", kollektivierter ist unwahrscheinlich und beruht auf
simplifizierend idealisierendem Wunschdenken, das von der Abrichtung des Einzelnen zur Huldigung
an die existentielle Höherwertigkeit des Kollektivs gegenüber dem Selbstwert des Einzelnen induziert
ist.
Die Folge ist, dass der Einzelne seiner höchstpersönlichen Wahrheit entfremdet und entmutigt wird,
dieser überhaupt Beachtung zu schenken oder gar zu vertrauen. Der Einzelne gibt einen Teil seines
Charakters auf, um sich nicht mit den quälenden Diskrepanzen zwischen kollektivierter und
eigener Wahrheit auseinandersetzen zu müssen.
Ein solches Opfer kann nur durch - wenn auch mehr oder weniger subtil dosierte - Gewalt in Form von
Dressur, Überforderung, Unterdrückung, Blossstellung und Erniedrigung erzwungen werden. Der Trost,
der dem Opfer für diese mentale Selbstverstümmelung vom kollektiv institutionalisierten Höherstehenden
und Höherwertigen winkt, heisst Belohnung - Belohnung mit Erfolg, Karriere, Prestige und Geld. Aber
es gibt viele, die unberücksichtigt und unbelohnt bleiben. Es sind möglicherweise diejenigen, die so
oder anders arbeitsunfähig werden, denn so müssen sie sich ja eigentlich zu fühlen beginnen, wenn
ihnen das für ihre Anpassung (Leistung) Versprochene mit Argumenten der Marktwirtschaftlichkeit
vorenthalten wird.
Nun ist aber die kollektivierte bzw. "objektivierte" Wahrheit so unverzichtbar wie die technischen,
administrativen und kommunikativen Einrichtungen zeitgenössischer Kollektivität. Die "Superreichen"
sind nicht schuld, sondern genau so Folge eines überforderten und verzerrten Systems wie die Ausbreitung
der Armut. (Als fragwürdig gilt nicht, dass sie reich geworden sind, sondern dass sich die dümmsten
von ihnen anmassen, ihren Reichtum allein durch ihre höchstpersönliche Leistung erworben zu haben,
während dafür z.B. Skaleneffekte ursächlich sind, die nicht von der Leistung direkt sondern von den
Bedingungen, unter denen sie erbracht wird, verursacht sind.) Nicht die "Objektivierung von Wahrheit
als solche ist das Schwierige und Riskante, sondern wie sie zustandekommt, d.h.:
Wird sie dem Einzelnen durch Schule, Ausbildung und Arbeitswelt einfach als ohne Kommentar und
Widerrede zu akzeptierende Wahrheit entgegengestellt oder findet ernsthafter und teilnehmender Dialog
darüber mit ihm - und nicht nur pro forma democratiae simulatae unter Vertretern des Kollektivs -
statt?
Der Einwand, dass dies zu weit führte, zu umständlich und zu kostspielig sei, ist ja gerade eine der
bevorzugten Floskeln der Huldigung an die prinzipielle Höherwertigkeit des Kollektiven gegenüber dem
Individuellen und ihm stellt sich die provokative Frage entgegen, wie weit denn die Entwertung und gar
Opferung des Einzelnen gehen kann und darf, bevor er sich zum unversöhnlichen Widerstand entschliesst,
sei es durch 'innere Kündigung' im harmlos scheinenden Fall der Resignation, sei es, dass er sich um
eine Invalidenrente bewirbt oder sei es mit Bomben als Ausdruck der Ohnmacht gegen die zweckoptimierte
aber unzureichend durch überzeugende Rechenschaftslegung als allgemein gültig erwiesene "Wahrheit".

Wahrheit als unendlich fortgesetzter Prozess
Wahrheit als Ergebnis bleibt, ob als individuell subjektive oder als kollektiv objektivierte ein
unvollkommenes und ewig vorläufiges Bild, zusammengesetzt aus Aspekten bisher gemachter, erinnerter,
gedeuteter und verarbeiteter Efahrungen, kann daher als Ergebnis nur vorübergehend genügen und
erfüllt die ihr zugewiesene Aufgabe nur als fortgesetzter bzw. teils iterativer, teils ergänzender
und evolutiver Prozess. Sie kann daher auch von Instanzen welcher Art und Beauftragung auch immer nur
sehr unzureichend verwaltet werden. Die Vorstellung etwa einer "Res Iudicata" beruht auf
einer "reality fiction" oder "factual fiction" und ist entsprechend auch eine "truth fiction" (in
Anlehnung an "science fiction").

Die 'Feststellung' als Abbruch des Wahrheitsprozesses
Die Anordnung, dass unter gewissen Bedingungen wie etwa eines für den Augenblick genügend erscheinenden
Ergebnisses, nicht mehr auf die gemachten 'Feststellungen'(!) zurückgekommen werden könne, bedeutet
nichts anderes als der autoritär oder durch andere Zwänge bedingt gewaltsame Abbruch des Wahrheitsprozesses.
Dieser Abbruch scheint durch die Vernunft hinsichtlich der rein praktischen Bedürfnisse und unter Aspekten
etwa der Prozessökonomie geboten zu sein und man kann auch Fehlurteile im Interesse des reibungslosen
Funktionierens des Kollektivs in Kauf nehmen und das nach reiflichen Abwägungen für vertretbar halten.

Die allmähliche Akkumulation von unterdrückter oder abgewürgter Wahrheit
Die Abweichung von der Wahrheit und die Gewalt zugefügten Unrechts bleibt bestehen, und mit jeden
hinzukommenden geduldeten Fall akkumuliert sich das Gift erlittenen Unrechts in kollektiven
Gedächtnis.
Die Akkumulation von Fall zu Fall ist für lange Zeit 'vernachlässigbar klein', aber die Erinnerung
daran geht weit langsamer verloren, als sich die Fälle akkumulieren, weil jeder hinzukommende Fall
die Erinnerung auch wieder wachruft. Hier wirkt subjektive Wahrheit als vielfach verdrängte und
unterdrückte, aber entsprechend verschlüsselt weitergegebene unterschwellig und unerkannt fort.
Eines Tages fällt das entschlüsselnde Wort, erscheint das unerwartet der Verschlüsselung entsprechende
Symbol oder ertönt das Sinal in der fatalen Frequenz, das die Büchse der Pandora öffnet.
Niemand weiss, was dieser diesmal wohin entflieht und wie und wem es zu schaden beginnt.
Was hier am Modell Justiz stark vereinfacht geschildert ist, gilt für alle institutionalisierte bzw.
verwirtschaftlichte Wissenserzeugung und -verwaltung schlechthin. Nicht erst aus böse verschwörerischer
Absicht, sondern schon weit davor wird Wissen durch systemische Zwänge so behandelt, dass es verloren,
vergessen geht, verstümmelt und entstellt wird. Dass sich Bösewichte diese Schwäche institutionalisier-
ter Wissenserzeugung und Verwaltung zu Nutze machen, wenn sie Gelegenheit dazu bekommen, ist nicht aus-
zuschliessen. Wo viel Wissen ist, kommt auch mehr Intellligenz zusammen als wo diese nicht gefordert
ist. Für diese ist durch Raffinesse zu Anerkennung und Macht zu gelangen eine besonders unwiderstehliche
Verlockung. Anstatt Geld wird Wissen für besondere Zwecke abgezweigt. Der offizielle Wahrheitsprozess
wird in einer Teilfrage abgebrochen und als Geheimnisprozess fortgesetzt.
Wissen ist nicht Macht, aber verleitet und befähigt dazu, nach Macht zu streben.

Tatsachen sind nicht schon Wahrheit
Tatsachen sind nur Aspekte der Wahrheit und nur Spuren der Wirklichkeit. Es kann jemand im Idealfall
erschöpfend Auskunft über alle Fakten zu einem Ereignis geben und dennoch von der Wahrheit keine
Ahnung haben. Die Fakten ergeben eine Art Hologramm der Wahrheit, eine Sammlung von Signalen, Daten
und Verschlüsselungen also, sich vom sonst Unsichtbaren, Unverständlichen oder Unfasslichen ein Bild
zu machen und es zu deuten und werten.
Die Wahrheit beginnt aber erst dort, wo man sich mit der Erklärung und Deutung des gemachten Bildes
zufrieden gegeben hat und nicht mehr weiter fragt, um zur Tagesordnung (einer Allgemeingültigkeit)
zurückzukehren.

Die Wirklichkeit beginnt dort, wo alles Wahrnehmungs- und Deutungsvermögen endet -
auf dem neuesten Stand der Wissenschaften und der Technik.
Das ist die 'Condition Scientifique' (in Anlehnung an André Malraux' 'Condition Humaine'): Die
Wirklichkeit liegt hinter dem Horizont des Sicht- bzw. Scheinbaren bzw. des für die Sinne und über
die von diesen angeregten und mit ihnen koordinierten und kooperierenden Denkreflexe Erkennbaren.
Dieser Horizont wandert wie der jedes Reisenden mit dem letzten Stand der Wissenschaften und der
Technik und wird nie erreicht. Es gibt keine Wahrheit und kein wahrhaftes Wissen, das keine neuen
Fragen stellt.
Es ist eine rührend kindliche Vermessenheit, zu glauben, man könne die Wiklichkeit in die Enge
treiben und dort zu fassen zu bekommen. Die Wirklichkeit, die es gibt, gibt es nicht. Der Regenbogen
ist eines der wohlbekanntesten Erscheinungsformen von Wirklichkeit - er ist bedingt sichtbar als eine
Wirkung und sonst nichts.
Dasselbe kann man vom Mitwandern des Horizontes mit der Standortveränderung des Wahrnehmenden und
von der Veränderung des Ausschnitts des Wahrnehmbaren mit der Veränderung der Blickrichtung sagen.
Dass der Horizont nie zu fassen ist, beruht auf einer Wirklichkeit.
Darum kann Wirklichkeit nur individuell und 'subjektiv' erfahrbar sein aber nie rational fassbar
werden. Das Fassbare ist immer nur eine Formulierung über Wahrheit - ob subjektiv oder objektiv.

"Objektive Wirklichkeit"
Da es sie nicht gibt, ist sie eine anmassende leere Behauptung, die die arg- und gedankenlosen
zu andächtiger Bewunderung höherer Weihen in die angeblich unbegrenzten Möglichkeiten rational
fassbaren Wissens verleiten soll.
Gegenüber der Wirklichkeit ist der Nobelpreisträger so ratlos wie der Imbecile.


Das 'Konkrete' und das Reale
Diese Begriffe sind in anderen Zusammenhängen bereits eingehend erörtert.
Das Konkrete ist das Zusammengewachsene, Verwachsene, Verdichtete, Verfilzte, Gegenständliche eben
so wie das Umständliche. Seine Qualität hat - für Viele wider Erwarten - viele Gemeinsamkeiten mit dem,
was als Komplex bzw. Komplexität (Verwobenheit, Verflechtung) bezeichnet wird. Es manifestirt sich als
Zustand, nicht als Dynamik. Es ist aus der Erstperson-Perspektive die Befindlichkeit des Bewusstseins
in einer auf Mess-, Wäg- und Beschreibbarkeiten und Fakten reduzierte oder nach Algorithmen weiter
abstrahierte Gegenwärtigkeit bzw. Gegenständlichkeit oder Verhältnismässigkeit.
Seine Grenze läuft streckenweise der Naht zwischen Wildheit und Handhabbarkeit entlang, wie etwa die
Hecke um Dornröschens Schloss. Es unterscheidet von der Wirklichkeit durch seine körperliche und
zeitliche Fassbarkeit.

Das Reale ist die Gesamtheit der durch Erfahrungen und Bestätigungen gesichert erachteten Gegebenheiten,
Optionen, Potentiale und Wahrscheinlichkeiten. Im Märchen wird die Realität durch Dornröschen verkörpert.
Für Viele ist schwer zu akzeptieren, dass das Konkrete den Zugang zur Realität genau so versperren wie
öffnen kann. Die Wahrnehmung Realität erfordert Umsicht, Rücksicht und Nachsicht. aber auch Einfühlung
und Mitgefühl. Viele, die sich für Realisten halten, verheddern sich im Konkreten und kommen nicht voran.
Keine Ähnlichkeit mit dem Administrator

Ultra Fines Officiorum - Ausser Rand und Band

Nashaupt's 'Programm'

Die Unparteilichkeit der Logik ist nicht die einzige aber die unab- dingbarste Gewähr für die Freiheit des Denkens. ---------------------------------------------------------------------- Niemand hat Anspruch darauf, die Prämissen (Vorbedingungen) des Denkens für Andere zu bestimmen. ---------------------------------------------------------------------- Beim Streit um Prämis- sen geht es zweifellos immer und ausschliess- lich um Macht, nie um Einsicht ---------------------------------------------------------------------- Einzelheiten siehe im Beitrag NASHAUPT'S PROGRAMM 'auf dieser seite https://nashaupt.twoday.net/ index : stories/1234793/

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